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Streit mit dem Adel, Brauerkunst und Kampf um Disziplin02.07.2008
Flechtdorfer Klostergeschichte (n) - Fortsetzung: Aus dem Katalog der Äbte
Fortsetzung des Vortrags von Dr. Jürgen Römer am 1.Klostertag

 

 

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Nummer 12 Mein Waldeck Freitag, 13. Juni 2008

Flechtdorfer Klostergeschichte (n) - Fortsetzung: Aus dem Katalog der Äbte

Streit mit dem Adel, Brauerkunst und Kampf um Disziplin

Der so genannte Flechtdorfer Abtskatalog ist eine Geschichte des Klosters nach der Folge seiner Äbte aus dem 16. Jahrhundert. Er berichtet davon, dass die Schwierigkeiten des Aufbaus und der Verwaltung in den ersten Jahrzehnten so groß gewesen seien, dass die meisten Äbte ihr Amt freiwillig niedergelegt hätten. Gut fünfhundert Jahre nach der Gründung über die frühe Geschichte des Klosters lagen dem Autor des Catalogus, dem Prior Liborius Daniel, nur sehr bruchstückhafte Informationen vor. Von vielen Äbten war kaum mehr als ihr Name bekannt.

Zwischen dem Erzstift Köln und der Diözese Paderborn kam es zu einem langwierigen Streit über die Hoheit über das Kloster. Daneben versuchten seit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert die aufstrebenden Grafen von Waldeck, Einfluss auf das Kloster zu gewinnen. Diese Auseinandersetzungen waren einer der Gründe dafür, dass die Entwicklung des Klosters über lange Zeit eher von Stagnation denn von einem Aufblühen geprägt war.

Mysteriöser Todesfall

Um 1300 ereignete sich etwas sehr Ungewöhnliches: Ein Abt war nachts von einer Mauer in den Garten gestürzt und wurde dort am nächsten Morgen tot aufgefunden. Eine Erklärung für diesen Todesfall bringt die Erzählung leider nicht. 250 Jahre später war nicht einmal mehr der Name des Abtes bekannt.

Doch die blutrünstigen Zeiten hielten an: Der nächste Abt wurde von den Herren von Gaugrebe nach Nordenau bei Meschede entführt und im dortigen Burgverlies getötet. Nachdem sie den Leichnam auf einen Heuhaufen gesetzt hatten, benachrichtigten sie die Flechtdorfer Mönche, sie könnten ihren toten Abt zurückholen. Wie der Chronist mit einer gewissen Befriedigung berichtet, starb sein Mörder durch ein Gottesurteil: Er wurde bei einem Turnier getötet.

Nur wenig später wurde dem Abt Heinrich von einem abtrünnigen Klosterangehörigen mit einer scharfen Hacke der Schädel gespalten, als er an Ostern nach der Frühmesse am Kamin beim Feuer saß und schlief. Um 1350, unter dem Abt Alexander, sollten die Glocken der Kirche mit vielen anderen Gegenständen und Besitzrechten verkauft werden. Ein Laienbruder des Klosters stieg mit einem Beil auf den Turm und drohte damit, jeden zu töten, der die Glocken herunterlassen wolle. So konnte der Verkauf tatsächlich verhindert werden.

Die weitere Entwicklung erreichte ihren Tiefpunkt um die Mitte des 15. Jahrhunderts, als lediglich noch fünf oder sechs Mönche ihr Dasein in Flechtdorf fristeten. Die einst nach der Regel des heiligen Benedikt ausgerichtete Klosterdisziplin war nahezu völlig aufgegeben worden. Damit einher ging der wirtschaftliche Verfall. Die Waldecker Grafen wandten sich schließlich im Jahr 1444 an das Provinzialkapitel des Benediktinerordens und baten um eine Reform des Klosters.

Kloster konsolidiert

Dem Abt Hermann Frowin (1457 bis 1480) gelang es, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klosters wieder zu konsolidieren. Ebenso gehören die Besserung der Gebäude sowie die Anschaffung neuer Altäre und wertvoller liturgischer Geräte und Gewänder zu seinen Verdiensten. In seiner Amtszeit lag 1469 auch der Beitritt zur Bursfelder Kongregation, einem Zusammenschluss von Benediktinerklöstern, die sich den Ideen einer Reform des mönchischen Lebens verpflichtet fühlten.

Ein erneuter wirtschaftlicher Niedergang setzte unter dem Abt Konrad Becker (1483 bis 1493) ein, der sich mit Klostervermögen an der Goldsuche am Eisenberg beteiligt hatte und das Kloster dadurch so in Schulden stürzte, dass es keine Beiträge mehr an die gemeinsame Kasse der Bursfelder Kongregation zahlen konnte.

Ab Herbst 1494 war das Amt des Abtes für vier Jahre nicht besetzt, im Kloster verweilten nur noch zwei Mönche in großer Not. Um Flechtdorf für die Bursfelder Kongregation zu erhalten, sagte das Generalkapitel dem Kloster eine Zahlung von jährlich 25 Rheinischen Gulden zur Sicherung der wirtschaftlichen Lage zu und beauftragte die Äbte der Klöster Abdinghof und Liesborn, für die Besetzung Flechtdorfs mit einem Abt zu sorgen.

Um die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse bemühte sich Abt Jost Fiebeling (1506 bis 1526), er legte Rechnungsbücher über die Ausgaben des Klosters an, von denen ein Exemplar der Jahre 1512 bis 1516 noch erhalten ist, und leitete Bauarbeiten und Verbesserungen am Klostergebäude ein. Auch jahrelange Streitigkeiten mit dem benachbarten Adel wurden in seiner Amtszeit zugunsten des Klosters entschieden.

Die Bursfelder Kongregation scheint ihm ein sehr großes Vertrauen entgegengebracht zu haben, denn er erschien bei den Generalkapiteln über viele Jahre hinweg als Prediger und Protokollführer und war der erste Flechtdorfer Abt, der zu Visitationen anderer Klöster der Kongregation herangezogen wurde.

Bier besser als in Korbach

Der Abtskatalog rühmt seine Anstrengungen zur Verbesserung der Lage des Klosters sehr. So habe er nie so viel Gerste verkauft, dass er nicht das beste Bier, sogar noch besser als das Korbacher, habe brauen lassen können. Dabei habe er auf besten Zutaten bestanden. Später habe er allerdings die dickere und bessere Maische für sich und die Seinen in den Keller bringen und dem Konvent dünneres Bier vorsetzen lassen, was Murren und Unzufriedenheit hervorrief und seinen Nachruhm schmälerte. Das ohnehin schon gute Bier ließ er mit Gewürzen wie Wermut, Beifuß, Lavendel, Waldmeister, Salbei und Ysop noch weiter verbessern.

Sein Nachfolger Meinolf Hansken (1526 bis 1554) versuchte zunächst, an seinen Vorgänger anzuknüpfen, fehlte aber schon bald mehrmals unentschuldigt bei den Jahreskapiteln der Bursfelder Kongregation. Als im Zuge der Reformation Streit zwischen den Grafen von Waldeck und dem Kölner Erzstift wegen der Oberhoheit über das Flechtdorfer Kloster aufkam, flüchtete Abt Meinolf, wohl aus Angst vor einer gewaltsamen Säkularisierung des Klosters durch den Grafen von Waldeck, zweimal, 1536 und 1546, mit sämtlichen Urkunden und wertvollem liturgischen Gerät auf kölnisches Gebiet.

Unter der Leitung des letzten Abtes Balthasar Hachmeister (1558 bis 1580) kam es zu einer rapiden Verschlechterung der geistlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Kloster. Visitationen von 1558 und 1563 vermittelten ein schlimmes Bild über die Zustände in Flechtdorf. Über den Abt wurde unter anderem berichtet, dass er keine Ordenskleidung mehr trage und keinen Gottesdienst verrichte. 1580 wurde er von seinem Amt suspendiert.

Nach dem Weggang Hachmeisters wurde Herbert Figge die Administration übertragen. Mit ihm blieb nur noch ein einziger Mönch im Kloster. 1591 musste der Erzbischof von Köln die Schutzherrschaft über das Kloster an die Grafen von Waldeck abtreten, die die Güter verwalteten und auch weiterhin Einkommen aus den verpachteten Klostergütern erzielten. Die Einnahmen wurden - wie die Räume des verwaisten Klosters - teilweise für die Versorgung von Armen verwendet.

Durch einen Brand 1639 wurden der Chor und der Ostturm der Klosterkirche zerstört. Der Wiederaufbau fand 1669 statt. 1702 bestimmte Graf Christian Heinrich von Waldeck (1635 bis 1706), dass die Einkünfte aus den Klostergütern vollständig zur Versorgung armer Leute verwendet werden sollten. Zu deren Unterbringung wurde am 3. Dezember desselben Jahres ein Hospital in den Räumen des ehemaligen Klosters eröffnet.

Obwohl es das bedeutendste unter den waldeckischen Klöstern gewesen ist, war es verhältnismäßig klein. Für verschiedene Jahre gibt es Belege über die Anzahl der Mönche, eine Urkunde von 1192 spricht von elf Mönchen und dem Abt. Für das Jahr 1302 sind 17 Mönche nachgewiesen, während 1528 nur acht Mönche im Kloster weilten. Im Durchschnitt werden es um die zwölf Brüder gewesen sein, was für kleinere Klöster eine durchaus übliche Zahl gewesen ist.

Die „Konventualen" waren zunächst hauptsächlich niederadliger Herkunft, ab dem 14. Jahrhundert häuft sich die Zahl der Bürgerlichen unter den Insassen. Das trifft auch auf die Äbte zu. Die meisten Mönche stammten aus der näheren Umgebung des Klosters und aus Dörfern und Kleinstädten Hessens, Waldecks und Westfalens.
Über Grundbesitz verfügte Flechtdorf an verschiedenen Stellen, wobei bis in das 15. Jahrhundert hinein immer wieder Neuerwerbungen hinzukamen, sodass das Kloster insgesamt Besitzungen an über 80 verschiedenen Orten gehabt hat. Im 16. Jahrhundert wurde ein Teil der Güter wieder veräußert.

Zwei wichtige Quellen

Besondere Hervorhebung unter den heute noch erhaltenen Flechtdorfer Schriftquellen verdienen zwei historische Darstellungen, die im 15. und 16. Jahrhundert im Kloster entstanden sind und sicherlich in Verbindung zu sehen sind mit der allgemeinen Wertschätzung der Geschichtsschreibung in den Klöstern der Bursfelder Kongregation.

Die Aufzeichnungen des Flechtdorfer Abtes Hermann Frowin (1457 bis 1480) stellen den Versuch dar, die Gründung des Klosters anhand der beiden wichtigsten Urkunden von 1101 und 1104 darzustellen. Die Aufzeichnungen sind in lateinischer Sprache geschrieben und befinden sich in einem Urkundenbuch des Klosters aus dem 16. Jahrhundert.

Der bereits mehrfach erwähnte, vom Flechtdorfer Prior Liborius Daniel verfasste Catalogus abbatum monasterii stammt wahrscheinlich aus der Zeit um 1530 und bietet eine Geschichte der Flechtdorfer Äbte von der Gründung des Klosters an.

Die Klosterkirche ist eines der herausragenden Kulturdenkmäler Waldecks. Ihre verwickelte Baugeschichte ist bis heute nicht gänzlich geklärt. Neben archaisch anmutenden Bauteilen wie dem romanischen Drachenrelief und dem betenden Mönch an der Ostfassade haben sich Architekturteile aus allen folgenden Epochen bis in das 19. Jahrhundert hinein erhalten.

Zur gegenwärtigen Situation der insgesamt 13 ehemaligen Klöster in Waldeck ist festzuhalten, dass heute die Waldeckische Domanialverwaltung für die ehemaligen Besitzungen einer ganzen Reihe der Konvente verantwortlich ist. Sie hat nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern fördert auch die Erforschung und Präsentation der Forschungsergebnisse zu den Klöstern. Daneben beschäftigt sie sich mit der Entwicklung zeitgemäßer Nutzungskonzepte für einige der Gebäude.

Flechtdorf stellt einen Sonderfall dar, da die Kirche der Waldeckischen Landesstiftung gehört, während der Förderverein für das Flechtdorfer Kloster Eigentümer der ehemaligen Klostergebäude ist. Hier gilt es, zwischen den verschiedenen juristischen Zugehörigkeiten ein neues Gefühl für die Gemeinsamkeiten zu entwickeln.

Baubestand sichern

Durch Arbeiten in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die meisten Baudenkmale aus Klosterzeiten in ihrem Bestand gesichert. Gleichwohl bedarf es weiterer Anstrengungen, um Verfall nicht entstehen zu lassen. Da sind die öffentlichen Geldgeber gefordert.

Zudem wäre zu überlegen, ob sich die Baudenkmäler stärker in touristische Konzepte einbeziehen ließen. Zu denken wäre an ausgeschilderte und durch gedruckte Führer ergänzte Radwander- oder Wanderwege oder geführte Bustouren, die die einstigen Verbindungen zwischen den Konventen auch räumlich erlebbar machen könnten.

Das kulturelle Erbe der waldeckischen Klöster verpflichtet zu seinem Schutz, aber auch zu seiner Präsentation und seiner zukünftigen Nutzung.

„Mein Waldeck" ist die Heimatbeilage der Waldeckischen Landeszeitung. Verantwortlicher Redakteur: Dr. Karl Schilling. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages Wilhelm Bing.


FÖRDERVEREIN

Der im September 2006 gegründete Förderverein fürs Flechtdorfer Kloster hat sich zum Ziel gestellt, sich für die Restaurierung, Pflege und die Nutzung des einzigartigen Baudenkmals einzusetzen.

Der Historiker Dr. Jürgen Römer gehört dem Vorstand als Beisitzer an. Sein Beitrag für „Mein Waldeck" basiert auf einem Vortrag, den er am vorigen Samstag zum ersten Flechtdorfer Klostertag gehalten hat.

 

Quelle: WLZ vom 13. Juni 2008

 

 

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