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Wertvolle Funde in Klosterkirche08.12.2006

8. Dezember 2006

DIEMELSEE - FLECHTDORF (nv).Die Klosterkirche wirkt seit Beginn der Sanierungsarbeiten im Frühjahr verlassen. Die Flechtdorf er feiern ihre Gottesdienste im Gemeindehaus. Zwischen Schutt und Schotter entdeckte das Team um den Paderborner Mittelalterarchäologen Prof. Dr. Matthias Wemhoff gestern jedoch ungeahnte Schätze. Die Experten vermuten, dass sie den alten Altar sowie das Grab des Kirchenstifters freilegen können. Der Entdeckergeist der Diemelseer ist geweckt.

Auszug aus einem Presseartikel der WLZ vom 8. Dezember 2006

Doppeltürme der Klosterkirche

Schatzkammer:
Die Doppelturmfassade der Flechtdorfer Klosterkirche ist im
Landkreis einmalig. Archäologen
stießen gestern auf weitere wertvolle Zeugnisse aus dem Mittelalter.
(Foto: Archiv/nv)


Wertvoller Fund

Wertvoller Fund: Archäologe Prof. Dr. Matthias Wemhoff präsentiert dem Diemelseer Geschichtsvereinsvorsitzenden Karl Baus, Fördervereinsvorsitzendem Helmut Walter und Ortsvorsteher Jürgen Albrecht (v.l.n.r.) den Lettner in der Klosterkirche. (Fotos: nv)

 

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Kloster ist reinste Schatzkammer

DIEMELSEE T FLECHTDORF (nv). Altar und Taufstein - geschützt unter weißer Plastikplane - erinnern an ein Werk des Verhüllungskünstlers Christo. Der Boden in der Flechtdorfer Klosterkirche gleicht einer Schotterpiste. Kirchenbänke und Kanzel wurden mit Beginn der Sanierung im Frühjahr gut verstaut. Die rund 800 Jahre alte Basilika (siehe Hintergrund) wirkt verlassen. Sie birgt jedoch ungeahnte Schätze, die Prof. Dr. Matthias Wemhoff, Mittelalterarchäologe aus Paderborn, bei einer baugeschichtlichen Untersuchung gestern entdeckte. Auf Einladung des Fördervereins Kloster Flechtdorf präsentierte der Direktor des Westfälischen Museums für Klosterkultur in Dalheim seine Ergebnisse anschließend im Dorfgemeinschaftshaus.

Der Experte möchte nicht nur den mittelalterlichen Lettner wieder in neuem Glanz erstrahlen lassen, sondern rechnet zugleich damit, den alten Altar und das Grab des Kirchenstifters freilegen zu können. Um mögliche, historisch wertvolle Funde in das Sanierungskonzept einbauen zu können, fordern Wissenschaftler, Kirchenvertreter und Mitglieder des Fördervereins den Stopp der Bauarbeiten.

"Mir geht das hier zu schnell"

Da Salze, Nitrate und Feuchtigkeit dem imposanten Bauwerk mit der im Landkreis einmaligen Doppelturmfassade seit Jahren zu schaffen machen, wurde das Gotteshaus zunächst für zwei Jahre geschlossen. Die veranschlagten Kosten von rund 430 000 Euro teilen sich die Waldeckische Landesstiftung als Eigentümerin, die evangelische Landeskirche sowie die Denkmalpflege zu je einem Drittel. 10000 Euro bringt die Kirchengemeinde auf.

Die Mittel der Denkmalpflege müssen laut Pfarrer Ingo Frank bis Jahresende ausgeschöpft werden, um nicht zu verfallen. Der erste Bauabschnitt (Entfernung von Wandputz und Bodenplatte, Erneuerung von Elektronik und Fußbodenheizung) ist daher in vollem Gange, obwohl das von der Stiftung in Auftrag gegebene bauhistorische Gutachten noch nicht vorliegt. "Mir geht das hier alles zu schnell", kritisierte Pater Michael Hermes, Benediktinermönch in der Abtei Königsmünster. "Ich fühle mich als Mitbruder der Flechtdorfer Mönche", begründet der Geistliche die Unterstützung Wemhoffs. Als das Team von der kostengesteuerten Kirchensanierung im Eiltempo erfuhr, machte es sich umgehend auf den Weg in die Gemeinde Diemelsee.

Zeugnisse aus dem Mittelalter

"Diese Anlage hat mich schon immer fasziniert. Sie ist aber kaum erforscht und ohne Bauuntersuchung kann nur wenig in Erfahrung gebracht werden", betont der Universitätsprofessor. Gemeinsam mit Kollegen aus dem Museum, Fördervereinsvorsitzendem Helmut Walter und dem Diemelseer Geschichtsvereinsvorsitzenden Karl Baus nutzte er daher die Gunst der Stunde und nahm das freigelegte Gemäuer genau in Augenschein. "Jetzt, wo der Putz von den Wänden ist, ist der ursprüngliche Zusammenhang der Klosteranlage wieder erlebbar", schwärmt der Fachmann, der auf Bauteile aus der Zeit um das Jahr 1200 stieß, wie den Lettner rechts neben dem Altar.

Die steinerne Barriere, die Altarraum und restliches Kirchenschiff teilt, ist "ein typisches Zeugnis für eine Klosterkirche und nur noch in wenigen Kirchen erhalten". Sie trennte Mönchs- und Gemeindekirche, hatte jedoch ein Portal zum Durchgang in den östlichen Teil der Klosteranlage. "Der Lettner ist ein zentrales Bauelement und eine Rarität, die besonderes Vorgehen verlangt", hebt Wemhoff hervor. Dieser dürfe keinesfalls wieder zugebaut werden, zumal er unter dem mittleren Bogen im Altarraum den alten Kreuzaltar der Gemeindekirche vermutet. Beim Kratzen zwischen den Steinen kamen bereits Ansätze eines bemalten Gewölbes ans Tageslicht. "Wir vermuten, dass der Altar unter einem Baldachin gestanden hat", würde der Pater am liebsten gleich weitergraben.

Ähnlich geht es auch den Flechtdorfern: "Mein Entdeckergeist ist geweckt. Ich habe gar nicht gewusst, was für eine Perle wir dort oben stehen haben", spricht Lutz-Scholten, Kassierer des Fördervereins, vielen Zuhörern aus dem Herzen. "Nun ist es mein Anliegen, genau hinzuschauen." Exakt dazu rät den Diemelseern auch der Briloner Architekt Eckhard Lohmann, der die Restaurierung des Klosters im benachbarten Bredelar betreut. Zunächst müsse niemand Geld in die Hand nehmen, "denn wenn Dinge so bleiben, wie sie sind, kostet das nicht mehr". Die Geldgeber sollten den Experten einfach die nötige Zeit geben, um mit gleichen Kosten ein besseres Ergebnis zu erzielen. "Das Kloster ist ein Pfund, mit dem man wuchern muss, zum Beispiel mit Blick auf Kultur und Tourismus."

Schnell Signal geben

"Wir ziehen gerne aus der Kirche aus", signalisiert Frank die Unterstützung der Kirchengemeinde, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. "Wenn Sie die Sanierung stoppen möchten, ist ein schnelles Signal an die zuständigen Stellen wichtig", ruft Udo Geißler, Mitarbeiter des Kirchenkreisamtes, zum Handeln auf. Wemhoff und seine Kollegen werden der Bitte der Flechtdorfer daher nachkommen und alle gesammelten Erkenntnisse zu einem Bericht zusammenfassen. Ein neues Konzept könnte heutiges Gemeindeleben mit mittelalterlicher Klostergeschichte verknüpfen -und wer würde einen wertvollen Schatz schon wieder freiwillig hinter dicken Mauern vergraben.


HINTERGRUND

Klosterleben seit dem Mittelalter

(nv). Flechtdorf zählt zu den ältesten Dörfern im Waldecker Land. Erstmals wird es 830 nach Chr. in einer Urkunde des Klosters Corvey erwähnt. Graf Erpo zu Paderborn, der bei Pad-berg auf einer Burg lebte, gründete 1101/02 das Benediktinermönchskloster zu Flechtdorf als Tochterkloster von Abdinghof bei Paderborn. Die Anlage unterstand dem dortigen Bischof. Der Kirchenbau in basilikaler Form wurde von 1160 bis 1190 begonnen und Anfang des 13. Jahrhunderts als Hallenkirche fortgeführt.

Nach starker Verschuldung im 14. und 15. Jahrhundert erlebt das Kloster unter Abt Jost Fibeling aus Fritzlar (1505-26) seine letzte Blüte. Die Bauten werden restauriert, zwei neue Altäre sowie ein Taufstein aufgestellt. 1546 weilen nur noch zwei Mönche in Flechtdorf, die Überfall und Verwüstung durch den westfälischen Land-drost Graf Bernhard Nassau-Beilstein nicht verhindern können. Der letzte Abt, Balthasar Hachmeister, wird 1580 vertrieben. Das Kloster ist wirtschaftlich und moralisch zerrüttet.
Der Graf von Waldeck bekommt das Kloster 1555 auf dem Augsburger Religionsfrieden zugesprochen. Nach der Vertreibung des Abts unterstützen die Grafen die Armen mit Hilfe der Einkünfte. In den Räumen finden Bedürftige Schutz. Nach einem vergeblichen Restitutionsversuch 1630 brennen die Gemäuer 1639 ab. Graf Georg Friedrich von Waldeck stellt das Kloster 1669 wieder her, jedoch ohne den 1339 abgebrannten Ostteil. Sein Nachfolger Christian Ludwig richtet 1702 ein Hospital ein.

Die Klosterkirche mit der im Landkreis einmaligen Doppelturmfassade dient bis heute als evangelische Gemeindekirche, ist aber Eigentum der Waldeckischen Landesstiftung. Der ehemalige Wohn- und Lebensraum des Klosters (Klausur) ist seit 1969 in Privatbesitz und wurde landwirtschaftlich genutzt. Da der Besitzer die Gebäude nicht mehr braucht und der Verfall droht, gründete sich im September ein Förderverein, der ein Nutzungskonzept erarbeiten will.

Quelle: WLZ vom 8. Dezember 2006

 

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