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Eindrucksvolle Bilder der „Kölner Bibel“13.09.2014

Ausstellung, Vorträge und Konzert beim „Tag des offenen Denkmals“ im Kloster Flechtdorf

Die prächtige „Kölner Bibel" steht am Sonntag beim „Tag des offenen Denkmals" im einstigen Flechtdorfer Kloster im Mittelpunkt.

Dazu plant der Förderverein fürs Kloster eine Bilderausstellung, die um 12 Uhr öffnet. „Farbe“ ist diesmal das Leitthema des Denkmaltages, und farbig gestaltet war einst auch die Abtei der Benediktiner. Von der Ausstattung etwa des Kirchenschiffes ist nur wenig erhalten. Und auch ein weiteres farbiges Meisterwerk spätmittelalterlicher Kunst ist nicht mehr da: die ..Kölner Bibel“, die zu den kostbarsten Stücken der Klosterbibliothek gehört haben dürfte.

Um Besuchern einen Eindruck von dem mit kolorierten Bildern aufwendig ausgestatteten Prachtkodex zu vermitteln, lädt der Forderverein am nächsten Sonntag, 14. September zu einer Bilderausstellung ins Abthaus und in die Klosterscheune ein. Winfried Becker hat die Fotos aufgenommen und die Schau maßgeblich zusammengestellt.

Zu der Ausstellung gibt es einführende Vorträge von Karl Baus, die um 12 Uhr und um 15 Uhr in der Klosterkirche beginnen - der für 16 Uhr geplante Termin entfällt wegen der Probe des Göttinger Barockorchesters, das den Tag beschließt. Der Kirchenhistoriker stellt die Besonderheit des Werkes heraus.

Flechtdorfer Buchbestände

Ein mittelalterlicher Spruch besagt: „Ein Kloster ohne Bücherschrank ist wie eine Burg ohne Wafenkammer" Das galt auch für die Benediktiner der mittelalterlichen Abtei in Flechtdorf. Allerdings gab es - wie in den meisten mittelalterlichen Klöstern - noch keinen eigenen Bibliotheksraum, auch in Flechtdorf konnten die Mönche den nicht allzu großen Bestand an Büchern in den Räumen des Klosters verteilt in Schränken und Kisten unterbringen.

Über den Flechtdorfer Bücherbestand zu Beginn der Neuzeit ist die Forschung durch ein Inventarisierungsprotokoll aus dem Jahr 1540 einigermaßen gut informiert. Von der damals doch schon beträchtlichen Sammlung ist heute nichts mehr vorhanden oder auffindbar. Vieles verschwand in den Wirren der Reformation, als es im Kloster zu Plünderungen kam. Anderes wurde bei Bränden im 17. Jahrhundert vernichtet.

Hinzu kommt eine weitere Sitte, die heute unfassbar erscheint: Nach der Einführung der Reformation in Waldeck verloren katholische Werke ihren ideellen Wert, selbst kostbare Pergamenthandschriften wurden zerschnitten und "recycelt", wie es der Mengeringhäuser Germanist Prof. Jürgen Wolf beschreibt: Die haltbaren Pergamentblätter wurden als Verstärkung und als Einbände für Bücher verwandt. Das ist zum Beispiel für Ratsakten in Korbach und Mengeringhausen belegt.

Kostbarkeiten entdeckt

Manches davon ist in den vorigen Jahren wieder aufgetaucht, als die Bestände nach derartigen Pergament-Fragmenten untersucht worden sind. So finden sich zum Beispiel als Einband von Akten in Mengeringhausen Pergamentseiten einer lateinischen Prachtbibel aus dem 12. Jahrhundert. Und im Korbacher Stadtarchiv lagern heute Pergamentblätter mit Noten, die als Stundengebet der Mönche gedient haben. Auch einst beliebte mittelalterliche Literatur wie die Reste eines Lancelot-Romanes trat zutage.

Nach dem Inventarisierungsprotokoll gab es unter den Büchern der Flechtdorfer Abtei auch ungewöhnliche Bücherschätze. So hatte das Kloster 1494 unter dem Abt Johannes Kirchhain eine Weltchronik erstanden, die der Nürnberger Ratsherr Hartmann Schedel 1493 verfasst hatte - ein Foliant, der mit mehr als 2000 Holzschnitten illustriert war. Er beschreibt die Weltgeschichte in christlicher Sicht: von der Erschaffung der Welt durch Gott bis zur Gegenwart des Autoren.

Die "Schedel’sche Weltchronik“ zählte zu den beliebtesten Geschichtswerken zwischen dem ausgehenden Mittelalter und der frühen Neuzeit. Sie gilt zudem als bedeutendes Zeugnis der gerade aufkommenden Buchdruckkunst. Die Quellen berichten, dass wegen dieser Kostbarkeit um das lahr 1500 zwei Mönche aus der Abtei Liesborn zu Studienzwecken nach Flechtdorf angereist seien, um diese Chronik einzusehen.

Herausragender Bibeldruck

All diesen Bücherbesitz in Flechtdorf dürfte jedoch eine „Kölner Bibel“ überragt haben, ein großformatiger, reich bebilderter Kodex: Es war die erste Bibel in der niederdeutsch-plattdeutschen Sprache. die auch in Waldeck vorherrschte. Schon seit den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts gab es 18 bedeutende deutsche Bibeldrucke. Davon sind 14 in oberdeutscher Mundart erschienen, vier in Niederdeutsch. Unter den in den Jahrzehnten vor Luthers bekannter Übersetzung entstandenen deutschen Bibeln stellt die „Kölner Bibel" wegen ihres unvergleichlichen Bilderschmucks einen glanzvollen Höhepunkt der Frühdruck-Geschichte dar.

Nach Meinung von Fachleuten lässt der Text der „Kölner Bibel" erkennen, dass der oder die Übersetzer eine lesefreundliche Bibel im Sinn hatten, die gerade auch für Laien geeignet war. Als Vorlage diente den Übersetzern die lateinische Bibelübersetzung der Vulgata. Obwohl sie deren sprachliche Eigenheiten berücksichtigt haben, gilt das Werk als überraschend gut gelungene und angemessene niederdeutsche Wiedergabe.

Mit den großformatigen Illustrationen wird sie darüber hinaus zu einer echten Bilderbibel und damit auch zu einer Laienbibel im besten Sinne.

Im Rittergut Nottbeck

Wo die Flechtdorfer Ausgabe der „Kölner Bibel“ verblieben ist, liegt im Dunkeln. Es gibt heute noch einige Exemplare in Museen, Archiven und Universitätsbibliotheken. Mitglieder des Fördervereins fürs Kloster hatten die Möglichkeit, ein Exemplar näher in Augenschein zu nehmen: Es befindet sich im Museum für westfälische Literatur im ehemaligen Rittergut Nottbeck. Winfried Becker durfte für die geplante Ausstellung sogar Fotos aufnehmen.

Mit seinen Bildern will Becker am Sonntag versuchen. den Besuchern die bis heute erhaltene hervorragende Bildqualität, das hohe Erzähltalent der Illustratoren und die betont dekorative Kraft der Holzschnitte zu vermitteln - eine faszinierende farbige spirituelle Welt.

Der "Tag des offenen Denkmals“ klingt um 18 Uhr aus mit einem Konzert der Göttinger Barock-Philhannoniker in der romanischen Klosterkirche. (r)

Quelle: WLZ 13.9.2014

 

 

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